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    Tuesday
    Nov302010

    Nostalgie gegen die harte Welt: Sudest Presse

    Gschwend.  Eigentlich hätte man gern politisch Brisantes von Gilad Atzmon vernommen. Vielleicht war der Einsatz von softem Streichersound aber auch politisch zu sehen: als der Versuch einer Flucht in die Nostalgie.

    Mit der Eröffnung der Jazz-Reihe beim Gschwender Musikwinter war man irgendwie ein bisschen auf das Konzert mit dem Saxofonisten Gilad Atzmon, seinem "Orient House"-Ensemble und dem Sigamos String Quartet gespannt. Nicht zuletzt, weil der diesjährige Musikwinter ja mit einem mit dem Jazz durchaus bestens vertrauten "Sirius String Quartet Domine" eröffnet worden war.

    Doch mit diesem Streichquartettensemble hatte das am Samstagabend in der Gemeindehalle eigentlich kaum etwas gemein. Das Sigamos String Quartet wurde bis auf die Primaria Ros Stephen durch Mitglieder des Stuttgarter Rosenquartetts ersetzt. Und diese vier Streicherinnen - von Atzmon mit Augenzwinkern schon mal als gekaufte (und teure) Groupies bezeichnet - hatten mit dem Jazz so gut wie nichts am Hut.

    Sie dienten genau dem Zweck, für den bereits Charlie Parker ein Streicherensemble für eine Schallplattenproduktion verwendet hatte: Anbiederung an ein größeres Publikum. Oder doch nicht? Wie sollte dieser postmodern-nostalgische Rückgriff Atzmons zu verstehen sein? Als Liebhaberei? Oder eben doch als Flucht aus der politischen Realität in eine scheinbar bessere Welt von damals? Letztlich hat es niemand im Publikum so recht erfahren. Nur zweimal klang dieser Fluchtgedanke an: beim abschließenden Medley, bei dem sich die Karawanen von Rosamunde und Meckie Messer als Abgesang auf das 20. Jahrhundert kreuzten und beim Stück "The Tide Has Changed". Beide Male war nur das "Orient House"-Ensemble zu hören. Beide Male durfte auch der neue Drummer des Ensembles, der 23-jährige Eddie Hick aus York, ein bisschen mehr aus sich herausgehen - ebenso wie Pianist und Fender-Rhodes-Virtuose Frank Harrison.

    Das waren beide Male wahre klangliche Erlebnisse - wenn auch Atzmons Leidenschaft fürs Zitieren übertriebene Formen annahm. Im zweiten Set hatte er auf dem Altsaxofon im Duo mit Frank Harrison vorexerziert, dass er Lust auf musikalische Faxen und wildes Anklingenlassen von Film-, Fernseh- und Kindermelodien hatte. Dabei zeigte sich auch noch einmal in aller Deutlichkeit seine Dominanz auf der Bühne.

    Auf dem Streicherbett fühlte sich Atzmon pudelwohl, ließ sowohl auf Alt- wie Sopransaxofon als auch auf der Klarinette sein nuancenreiches, aber immer extrovertiertes Können auf das Publikum hernieder.

    Balladen können so schön sein, aber ein fast stets ähnlich klingender Streichersound mit den wesentlichen Variationen in Atzmons Instrumenten, und drei zur Bravheit verdonnerten Jazzmusikern - das war dann doch ein bisschen zu viel für einen Abend.

    

    The wandering who- Gilad Atzmon

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